Fritz-Steinhoff-Gesamtschule Hagen ** Schulrechenzentrum (1/98)

Auf dem Weg zur vernetzten Schule

Ein Zwischenbericht

von Arno Pasternak (SURZ-Leiter)

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Es ist kaum 1 1/2 Jahre her, dass in einer öffentlichkeitswirksamen Aktion das 'Schulen ans Netz'-Projekt ins Leben gerufen wurde. In erster Linie wurde den Schulen Unterstützung bei der Anschaffung eines (!) PC's mit Internet-Anschluss sowie ein Gebührenkontingent bei der Telekom in Höhe von 1600,-- DM jährlich für drei Jahre angeboten. Die Unterstützung seitens der Firmen war zu Beginn der Aktion schlecht einzuschätzen. Auf diese Art und Weise wollten sowohl unsere Landes- wie auch die Bundesregierung in Sachen 'Datenautobahn' nicht hintenanstehen und hofften, dass in den Schulen jetzt nicht gerade wenige Lehrerinnen und Lehrer auf einmal ganz anders ohne grossen Aufwand Unterricht durchführen würden, der unsere Schülerinnen und Schüler für das nächste Jahrtausend fitmacht. Die bisherigen Inhalte in den Unterrichtsfächern sollten natürlich nicht tangiert werden, sondern durch schöne noch zu entwickelnde Projekte sollte das 'globale Lernen' ganz nebenbei in Schwung kommen.

Betrachtet man die derzeitige Praxis, kann man eher den Eindruck bekommen, dass viele Projekte schnell wieder vergessen sein werden, einige wenige Schulen mit den richtigen Connections mit dem ausgeschütteten Geld im Rahmen von Modellprojekten vollgesogen haben, einige wenige Funktionen und Funktionsstellen mit manchem unqualifizierten Personal besetzt sein werden und viele Kollegen nach dem dilettantischen Scheitern einiger hochfliegender Ideen froh sein werden, ihren normalen jahrzehntelangen Trott fortführen zu können. Dies scheint auch oder gerade deswegem zu gelten, wenn man berücksichtigt, dass viele Kolleginnen und Kollegen viel Zeit und Engagement in Workshops verbracht haben und mit der Unterstützung der örtlichen Industrie sowie der grossen Computerfirmen, die teilweise ihre Softwareprodukte zu sehr günstigen Konditionen den Schulen zur Verfügung gestellt haben, einiges in den Schulen in Sachen Hardware und Software verbessert wurde.

Also alles wieder wie üblich??
Trotz allem heißt es diesmal: N E I N !!

Bei allem furchtbaren medienwirksamen Getöse und viel oberflächlichem Schnick-Schnack wird von vielen tatsächlich übersehen, daß sich eine Entwicklung abzeichnet, die tatsächlich viele Bereiche des täglichen und beruflichen Lebens verändern wird. Es sind dies all die Bereiche, die mit Medien allgemein zu tun haben, also auch u.a. mit schriftlichen Medien, wie sie nicht unwesentlich Bestandteil von Schule und Ausbildung sind. Es ist natürlich Quatsch, daß diese neuen Medien die Schule verdrängen werden, wie einige Experten uns weismachen wollen, aber es werden Veränderungen stattfinden, die bei aller Vorsicht der Vorhersage nicht unwesentlich alle betreffen werden.

Mit der entstehenden Entwicklung und dem Ausbau des INTERNET's entstehen nun Möglichkeiten, die nach einer Übergangszeit ebenso jedem Menschen als logische Entwicklung wie der Ersatz der Schreibmaschine durch computerunterstützte Textverarbeitung erscheinen werden. Die heutigen Strukturen werden dann genauso anachronistisch wirken wie uns heute eine mechanische Schreibmaschine erscheint. Dies ist bei der Planung zu berücksichtigen. Nicht das einzelne schulische Projekt, sondern der 'ganz normale' Schulunterricht muß der Ausgangspunkt dieser Überlegungen sein.

Die notwendigen Entscheidungen infrastruktureller Art im Weltmaßstab sind in den letzten Jahren mit einer immensen Geschwindigkeit gefallen. Die Technologie entwickelt sich in einem rasenden Tempo, die Hardware- und Softwaretechnik wird uns in schneller Folge Produkte liefern, die in vielen Lebensbereichen neue Möglichkeiten der Mediennutzung schaffen und alte ersetzen werden.

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Drei Beispiele können das als mögliches Szenario beleuchten:

In wenigen Jahren ist nicht unwahrscheinlich, daß Zeitungen nicht mehr zentral in Druckzentren gedruckt werden, sondern als elektronische Post den Abonnenten zugestellt werden und von diesem dann während der Morgentoilette auf dem heimischen Schnelldrucker ausgedruckt werden. Sie liegen dann pünktlich im dann wahrscheinlich aktuellen Format DIN A4 auf dem Frühstückstisch.

Ein Videofilm zum Thema 'Das unrühmliche Ende des Ex-Bundeskanzlers Kohl' würde den trockenen GL-Unterricht sicher auffrischen. Es ist kein Problem, diesen notfalls am frühen Morgen 'aus dem Netz' zu ziehen und diesen in den Unterricht einzubringen.

Die Deutsche Post AG gibt bekannt, daß die Zustellung von Briefen etc. ab dem 1.3.2001 nur noch einmal wöchentlich stattfindet, da 90% der brieflichen Kommunikation mit E-Mail über das Netz durchgeführt wird. Gleichzeitig werden alle Briefkästen außen an Postfilialen abgebaut.

Diese Beispiele sind nicht aus der bloßen Luft gegriffen, sondern nur eine kleine Anzahl von Möglichkeiten. Als Konsequenz bedeutet das allerdings für jeden Kollegen und jede Kollegin, daß eine Auseinandersetzung mit dieser Thematik erfolgen muß. Dies kann nicht auf der Ebene der 'Maschinenstürmerei' erfolgen, sondern muß das sorgfältige Einarbeiten und Erarbeiten der Möglichkeiten und Grenzen dieser für viele neuen Technologie sein. Genauso wie es heute selbstverständlich für einen Lehrer und eine Lehrerin sein sollte, mit einem Buch (und nicht nur der Bibel) umgehen zu können, wird es schon sehr, sehr bald nötig sein, die neuen Medien kompetent und sinnvoll nutzen zu können.

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Internet aus schulischer Sicht

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Eine sinnvolle Nutzung der neuen Medien in der Schule verlangt klare planerische und konzeptionelle Vorstellungen über das Machbare und Sinnvolle in den Schulen. Dabei ist natürlich auch der enge finanzielle Rahmen zu berücksichtigen, unter dem auch die Schulen heutzutage zu leiden haben. Konzepte, die ausschließlich das Kaufen neuester Hareware und Software als Basis haben, sind daher von vorneherein zum Scheitern verurteilt.

Folgende Absätze sollen zun&aulm;chst einen kleinen Überblick verschaffen, welche Möglichkeiten aus heutiger Sicht das Internet und seine zugrundeliegende Technologie in der Schule bietet.
Es ist dabei selbstverständlich, daß eine zukünftige Entwicklung nur abgeschätzt werden kann und keine Anspruch auf Prophetentum besteht.

- E-Mail

Schon seit Jahrzehnten besteht das E-Mail-System. Nachdem das Internet den wissenschaftlichen Forschungsbereich verlassen hat, können auch bald alle anderen Institutionen und viele Personen auf diesem Wege erreicht werden.
Aus schulischer Sicht ist die Kontaktaufnahme und Pflege von Beziehungen mit anderen (Partner-)Schulen interessant. Ebenso können bei schulischen Projekten schnell und günstig schriftliche Kontakte mit Institutionen und Organisationen aufgenommen werden.

- Newsgruppen

Ebenso einfach gestaltet sich das Arbeiten in und mit den Newsgruppen. Die Bedeutung von Newsgruppen für den konkreten Unterricht kann aber leicht überschätzt werden, da in diesen gelegentlich eine unstrukturierte Diskusssion mit teilweise vielem ' Datenmüll' stattfindet. Auch sind viele Diskussionsthemen sehr am Rande von Schulthemen.
Interessant kann es aber eventuell werden, wenn in der Schule lokale Newsgruppen eingerichtet werden, über die eine neue Form der demokratischen Diskussion in der Schule eingeführt wird. Ebenso können auch schriftliche Ausarbeitungen dadurch geübt werden, indem Artikel für lokale oder überregionale Newsgruppen verfaßt werden. Dadurch erhält die 'Schreiberziehung' einen Sinn für die SchülerInnen, die nach der Schule normalerweise kaum noch längere schriftliche Dinge verfassen werden. (Soll in einer solchen Übungsphase noch keine (Schul-) Öffentlichkeit hergestellt werden, dann kann dies auch über lokale Maillisten erreicht werden.)

- WWW

Das jüngste Kind des Internet's, das WWW oder auch WEB, wurde vor etwa 8 Jahren in Genf entwickelt und mit einem Darstellungsprogramm - genannt Browser - für Windows im Jahre 1993 (Mosaic) einem breiteren Publikum bekannt. Seitdem findet ein Siegeszug statt, der seinesgleichen in der jungen Geschichte der Informatik- und Informatikanwendungen sucht. Es ist nicht übertrieben, wenn behauptet wird, daß damit die Medienwelt revolutioniert wird. Aus schulischer Sicht könnnen folgende Entwicklungen von Bedeutung sein:

a) Online-Publishing

Über das Internet können Zeitschriften publiziert werden, die als gedruckte Versionen keine Vertriebschance hätten. Auch der Online-Zugriff auf Zeitschriftenarchive dürfte bald selbstverständlich sein.
Für die Schule interessant ist sicher die Recherche. Sofern diese vom Lehrer durchgeführt wird, ist diese durch seine häusliche Infrastruktur abgedeckt. Sollen die Schüler selbstständig arbeiten, ist ein Zugriff in der Schule online möglich und nötig. Dieses ist sehr zeitaufwendig und daher über die Zugriffskosten auf das Netz nicht beliebig in der Schule realisierbar. In einem Netz können grössere Gruppen arbeiten, sonst sind über einen Rechner nur Einzelrecherchen möglich. In einer Netzstruktur in der Schule ist es auch möglich, dass vom Lehrer 'vorsortierte' Informationen vor Ort bearbeitet werden können.
Ebenso wird die Arbeit mit Archiven, Büchern etc. verlaufen, sofern sie online verfügbar sind.

b) multimediale Arbeitsblätter

Noch wichtiger für die Schule wird die Entwicklung von 'Arbeitsblättern' auf elektronischem Wege sein. Hierbei ist einerseits die direkte Übertragung von Texten und Bildern von Papier auf elektronische Datenträger gemeint, die dann online verfügbar sein werden. Dies ist sicher auch schon bisher möglich, allerdings war die Verteilung ohne Standard und eine solche Infrastruktur wie das Internet über Disketten o.ä. sehr aufwendig und daher nicht gerade alltäglich. Allerdings werden diese Arbeitsblätter eine Weiterentwicklung erfahren, wie sie ansatzweise z.B. in dem Projekt an der ETH Zürich, einigen Museum bei virtuellen Museumsangeboten erkennbar sind. Die Hinzufügung von Audio- und Videosequenzen wird diese Arbeitsblätter zu multimedialen Angeboten für Einzel- wie für Demonstrationsunterricht wandeln.
Wenn diese Materialien vor Ort in einem schnellen Netz zur Verfügung stehen, werden sie im Unterricht praktikabel. Das außerschulische Netz dient dann 'nur' zum Transfer und zur Aktualisierung häufig genutzter Angebote, sowie zur aktuellen Ergänzung zum üblichen Unterricht.

c) multimediale Anwendungen

Im Augenblick ist eine Entwicklung im Anfangsstadium, die etwa mit der Entwicklung der PC's zum Ende der 70-Jahre verglichen werden kann.
In naher Zukunft lassen sich Anwendungen programmieren, die dann von jedem modernen Browswer ausgeführt werden können. Der konkrete Rechner spielt keine wesentliche Rolle mehr. Aufwendige Installationen gehören (hoffentlich) der Vergangenheit an.
Auch Schulsoftware wird damit für alle Plattformen einheitlich entwickelt werden, die ohne große Probleme in den Schulen sofort einsatzbereit ist. Das Netz dient hier wie bei den 'Arbeitsblättern' zum Bezug, der Aktualisierung der genutzten Software und der aktuellen Ergänzung.

Alles zusammengefaßt ergibt sich als notwendige Perspektive die Schaffung eines lokalen Schul-Intranets mit einem Zugang zum gesamten Internet.

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Entwicklungen an unserer Schule im Jahre 1997 und Planungen 1998

Diese Erkenntnisse müssen auch bei der Entwicklung der EDV-Infrastruktur frühzeitig und zielgerichtet eingesetzt werden. War es bis vor etwa zwei Jahren nur geplant, zwei Computerräume für Informatik- und einigen computerunterstützten Unterricht zu haben, die mittelfristig in sich vernetzt sein sollten, so haben sich auch hier die notwendigen Anforderungen geändert. Die Anwendung der modernen Medien ist nur möglich, wenn die Schule im richtigen Augenblick die richtigen Techniken, Technologien in einer geeigneten Infrastruktur zur Verfügung stellt.

Die notwendigen und geplanten infrastrukturellen Maßnahmen lassen sich in einem groben Raster darstellen:
Im letzten Jahr wurde bereits realisiert:

  • Installation des ISDN-Anschlusses der Telekom im Schulrechenzentrum. (2/97)
  • Installation eines Intranet-Servers (NOS-BOX) und eines Routers (IP-Route) in das Schulnetz. (4/97)
  • Anschluß des ersten Computerraumes an das Schulnetz. (5/97)
    (Die dort vorhandenen Geräte mit 8086-Prozessoren lassen sich jedoch nur noch bedingt für Unterricht verwenden. Ein Arbeit im Internet mit diesen Rechnern ist derzeit nicht möglich. In Kürze ist mit einem Austausch dieser Geräte zu rechnen.)
  • Möglichkeit der Nutzung von Online-Diensten wie WWW durch eine automatisierten und kontrollierbare Steuerung des Routers. (6/97)
  • Einrichtung eines dritten Computerraumes mit 12 - 14 Schülerarbeitsplätzen, der in das gesamte Netz integriert wird. (7/97 - 1/98)
  • Verlegung eines Kabelsystems in der gesamten Schule auf Basis der Ethernet-Technologie. (1. Phase 12/97)
  • Einsatz der Netzwerk-Software Novell 4.11 mit 50 Lizenzen statt der bisher verwendeten Novell 3.12-Lizenz mit 25 Usern. Ohne diesen Ersatz ist ein sinnvoller Einsatz des Netzes mit der stark gestiegenen Anzahl von Benutzern nicht mehr möglich. (1/98)

Entsprechend der technischen Möglichkeiten wurden vereinzelt die Computer im Unterricht eingesetzt:
Eine Englisch-AG versuchte sich in einem E-Mail-Projekt, eine Projektgruppe hat ihre Auswertung in einer Darstellung auf dem lokalen Web-Server durchgef¨hrt, einzelne Gruppen tasteten sich in das Web vor.

In den nächsten Wochen werden die Bibliothek, das Lehrerzimmer, der Mädchentreff, der Schülerkiosk und die Verwaltung an das Schulnetz angeschlossen, sodass dann sowohl Schüler, Lehrer und auch Gäste der Bibliothek die schulischen Arbeitsmöglichkeiten im Intranet und Internet vermehrt nutzen können.
Erst dann ist es möglich, dass Lehrerinnen und Lehrer ihren Unterricht in den Computerräumen sinnvoll vorbereiten können, da sie Materialien aufbereiten können, ohne selbst in den Computerräumen sein zu müssen. Ebenso kann dann die Arbeit mit E-Mail's als eine 'ganz normale' Kommunikation auch unter KollegInnen und Kollegen in der Schule genutzt werden.
Der Computer wandelt sich um zum alltäglichen Kommunikationsmedium.

In den nächsten Monaten steht darauf aufbauend an:

  • Anschluß einzelner Fachräume im Musik-, NW- und Kunstbereich etc. zur Nutzung vor allem der Möglichkeiten des lokalen Web-Servers.
  • Die Bestückung der Lehrerstützpunkte mit Computern zur Vorbereitung des Unterrichts mit den Computern in den Fachräumen sowie zur einfachen Nutzung des hausinternen E-Mail-Systems.
  • Bestückung der Klassen mit einzelnen Rechnern für Einzel- und Gruppenarbeit. (längerfristige Perspektive)

So wie heute die Wandtafel und der OHP-Projektor ein selbstverständliches Mittel für den Unterricht sind, so wird also in wenigen Jahren ein moderner Unterricht auch den Computer mit all seinen Möglichkeiten nutzen können und müssen.

Vor einem Jahr waren dies alles nur Planungen und Ideen in Folge eines klaren Konzeptes einer schulinternen Vernetzung, um eine sinnvolle Arbeit mit neuen Medien in der Schule zu ermöglichen. In diesem einen Jahr ist schon sehr viel realisiert worden. Die eigentliche Arbeit in und mit dem System kann und muß nun beginnen. Das Zeitalter der vernetzten Schule beginnt bei uns damit im Jahre 1998
Dass dies nicht ohne sinnvolle Fortbildung innerhalb und außerhalb unserer Schule stattfinden wird, sollte selbstverständlich sein. Bisher fanden 1996/1997 schulintern im Rahmen von Studientagen zwei Arbeitsgruppen zu diesem Thema statt. Zwei Fachkonferenzen setzten sich intensiver mit der Aufgabe Arbeit mit neuen Medien auseinander. Zusätzlich wurden vom Schulrechenzentrum 'Schnuppertage' für das WEB durchgeführt. Kollegen, die im Rahmen das WEB oder E-Mail nutzen wollen, werden individuell in das System eingeführt.
Die bisher durchgeführten Veranstaltungen (sowohl zur Nutzung des Internets wie auch der Unterrichtssoftware in den bisher computerferneren Fächern) waren noch längst nicht ausreichend und müssen noch deutlich weiter vermehrt werden. Von den Kolleginnen und Kollegen muss aber erwartet werden, dass sie sich dieser neuen Herausforderung auch stellen und nicht davor flüchten.

Mit der Grundlegung der Infrastruktur der neuen Medien in der Fritz-Steinhoff-Schule 1997/1998 wird damit die Basis geschaffen, die es ermöglicht, dass die eingangs beschriebenen Möglichkeiten von den Kolleginnen und Kollegen überhaupt wahrgenommen werden (können).

Die Fritz-Steinhoff-Schule ist damit ein mögliches Vorbild für viele Schulen in NRW und der BRD.

 

 

 

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